Wann und wie Chefs sich einmischen sollten

10-03-2013

Souveräne Mitarbeiterführung ist gerade für junge Führungskräfte eine Herausforderung. Wann sollen sie eingreifen, wann Situationen besser laufen lassen?

Um Mitarbeiter erfolgreich zu führen, kommt es auf das richtige Abwägen zwischen Eingreifen und kontrolliertem Laufenlassen an. Dies gilt besonders für junge Führungskräfte, deren Eingewöhnungsphase vorbei ist, die bereits erste Projekte erfolgreich abgeschlossen und den Erfolg des Unternehmens vorangetrieben haben. Möglicherweise haben sie in Seminaren schon Einiges zum Thema „Personalführung“ gelernt, doch nun gilt es, die Theorie auch in die Praxis umzusetzen.

Durch Zeitdruck, hohe Erwartungen des eigenen Vorgesetzten und Probleme in den Projekten der Mitarbeiter können Führungskräfte in Bedrängnis geraten. Umso verlockender scheint es in einer solchen Situation, sich einzumischen und Aufgaben an sich zu ziehen nach dem Motto: „Jetzt lassen Sie mich das mal machen!“ Doch ist eine solche Reaktion wirklich Erfolg versprechend? Ein Perspektivenwechsel ist angezeigt.

In die Lage des Betroffenen versetzen

Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitern Aufgaben abnehmen, wird das Problem vielleicht schneller gelöst. Allerdings fühlen sich die Mitarbeiter dann inkompetent und verlieren die Motivation, eigene Lösungen zu finden. Darüber hinaus ist die Gefahr groß, sich auf diesem Wege unselbständige Mitarbeiter zu erziehen, denn Führungskräfte können schließlich nicht immer alles schultern und auf alles gleichzeitig ein Auge haben. Eine Entmündigung kann also – im Sinne beider Parteien – keine geeignete Lösung sein.

Generell ist es sinnvoll, wenn auch der Chef einmal mit anpackt und sich für keine Aufgabe zu schade ist wie etwa Druckerpapier auffüllen oder die Spülmaschine einschalten. Damit signalisiert er Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft. Wer jedoch nach dem Motto führt: „Wenn ich nicht da bin, läuft nichts!“, darf sich nicht über unselbständige Mitarbeiter wundern, die mit jedem Problem zu ihrem Vorgesetzten kommen. 

Die Hauptaufgabe eines Vorgesetzten besteht vor allem darin, Ziele zu setzen und Aufgaben an die Mitarbeiter zu delegieren sowie die Ressourcen und Rahmenbedingungen für das eigene Team bereitzustellen. So schafft er die besten Vorraussetzungen für ein Team, in dem sich die Mitarbeiter entwickeln und selbstständig nach Lösungen suchen können. Kurz und knapp: Ein guter Chef arbeitet nicht mit, sondern für sein Team!

Erst Situation und Mitarbeiter einschätzen

Um sich nicht noch zusätzliche Arbeit zu machen, sollten Führungskräfte folgendermaßen vorgehen:

Situation einschätzen

·         Dringlichkeit der zu erledigenden Aufgabe: Steht ein wichtiger Abgabetermin unmittelbar bevor oder sind bisherige Lösungsversuche gescheitert?

·         Handelt es sich um eine Aufgabe, die durch Kreativität und Innovation gelöst werden kann, wobei Fehlschläge toleriert werden können?

·         Potenzieller Schaden: Sind etwa Termine an Vertragsstrafen gebunden oder könnten sich Kunden beschweren?

Generell sollten Führungskräfte bei der Verteilung von Aufgaben einen ausreichenden Puffer einplanen, der ihnen und dem betroffenen Mitarbeiter mehr Spielraum gibt. In der Praxis haben sich (bei Kosten und Terminplanungen) rund 10 bis 25 Prozent bewährt.

Mitarbeiter einschätzen

·         Kompetenzen: Sitzt überhaupt der richtige Mitarbeiter an der Aufgabe oder gab es schon bei der Aufgabenverteilung eine Fehleinschätzung?

·         Wird er mit diesem Problem auch alleine fertig?

·         Was benötigt er: Zeit, Impulse oder konkrete Hilfestellung, weil er bereits am Leistungslimit arbeitet?

Eine geschickte Aufgabenverteilung ist nicht einfach. Führungskräfte haben die Aufgabe, den Entwicklungsstand aller Mitarbeiter zu beurteilen. Unterforderte Mitarbeiter sind schnell gelangweilt und suchen sich im schlimmsten Falle einen neuen Job mit mehr Herausforderungen. Ist ein Mitarbeiter seinen Aufgaben noch nicht gewachsen, verliert er durch diese Überforderung schnell sein Selbstbewusstsein. Mitarbeiter sollten sich anstrengen müssen, um Ziele zu erreichen, denn unter diesen Umständen entwickeln sich ihre Fähigkeiten und Kompetenzen ideal. Die goldene Regel lautet daher: fordern, fördern, befördern!

Souverän und wertschätzend reagieren

Spitzt sich eine Situation dermaßen zu, dass die Führungskraft eingreifen muss, sollte sie – auch wenn es schwerfällt – dem Mitarbeiter weiterhin die Verantwortung überlassen. Sie sollte an dieser Stelle fragen, was der Mitarbeiter von ihr als Führungskraft erwartet, um die Aufgabe immer noch selbständig lösen zu können. Schließlich beschäftigt er sich ja schon seit längerer Zeit mit dem Problem und kann sowohl die Situation als auch die zur Lösung notwendigen Maßnahmen besser einschätzen als ein Außenstehender. Die positive Botschaft hinter einer solchen Reaktion lautet: „Du bist der Experte – und bleibst auch weiterhin verantwortlich. Ich biete dir lediglich meine Unterstützung an.“

Führungskräfte, die sich zu sehr in die Aufgaben ihrer Mitarbeiter einmischen, reagieren meistens folgendermaßen:

·         „Zeig mir das mal!“ oder „Gib mal her!“

·         „Lass mich die Präsentation überarbeiten, dann schaffen wir das noch!“

·         „Ich kenne das. Du musst jetzt Folgendes machen: (...)“

·         „Das kenne ich von früher. Mach das einfach so, dann klappt es!“

Stattdessen sollten Führungskräfte lösungsorientierte Fragen formulieren:

·         „Wie zufrieden bist du mit der Lösung?“

·         „Was brauchst du, damit das Problem gelöst werden kann?“

·         „Wie kann ich dir helfen, dich unterstützen?“

·         „Welche Lösung ist aus deiner Sicht die beste?“

Erfordern hingegen weder die Situation noch die Kompetenz der Mitarbeiter einen Eingriff, sollten Führungskräfte gelassen bleiben und ihrem eigenen Urteilsvermögen vertrauen. Danach empfiehlt es sich, die Situation im Auge zu behalten, um auf unerwartete Veränderung reagieren zu können.

Wann Führungskräfte einschreiten müssen

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Führungskräfte sofort einschreiten müssen: Bei der Überschreitung persönlicher Grenzen, bei sexueller Belästigung, Mobbing oder Ausgrenzung ist ein deutliches und vor allem unmittelbares Statement vom Chef gefragt. Hier sollten Führungskräfte zunächst ihre Beobachtungen und den Eindruck, den die Situation auf sie macht, kurz ansprechen und unmissverständlich auf die bestehenden Regeln der Zusammenarbeit verweisen. Diese Regeln erlauben keinen Spielraum und ein erneuter Verstoß zieht Konsequenzen nach sich.

Auch im beruflichen Alltag ist es wichtig, dass Führungskräfte sofort reagieren. Die Mitarbeiter müssen den Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten und der Reaktion der Führungskraft klar herstellen können. Lassen sich Vorgesetzte zu viel Zeit oder reagieren sie zu vorsichtig, besteht die Gefahr, dass betroffene Kollegen die Situation herunterspielen oder bagatellisieren.

(www.business-wissen.de)

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